Für Gott und Vaterland – oder die Apotheose des Weibes zur Frau

Das einzige dem Mann in Gesamtheit – soweit dies Individuen überhaupt gerecht werden kann – vorzuwerfende ist seine Fantasie vom edlen Weib, der einzigen kollektiven Männerfantasie. Ohne diese Fantasie wäre der Kavalier, der obsolet gewordene neuzeitliche Nachfahre des mittelalterlichen Ritters, der mittlerweile ebenso grotesk ist wie der Ritter zu Don Quichottes Zeiten, ebenso wie der Weiberwahn vergangen. Nur innerhalb dieser Fantasie sind wLeute ganz grandios großartig, fantastisch eben. Mittels ihrer „sozialen Intelligenz“ angenehme Lügen im Kontext der grad an- und vorgesagten Lügen zu glauben, wurde diese von Männern delirierte oder schlicht erträumte und gewünschte Erhabenheit des Weibes von Frauen gerne geglaubt und in ein oberflächliches, bei aller zur Schau getragener Süffisanz leicht zu erschütterndes, ideales weibliches Selbstbild übertragen. Ihren historischen Ausgang nahm diese Apotheose des Weibes in der Moderne gleichzeitig mit der Etablierung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, feministisch „Patriarchat“ genannt, mit dem Ende des spätfeudalen „Ancien Régime“ in Aufklärung, bürgerlicher Revolutionen, beginnender Industrialisierung und in so gegensätzlichen kulturhistorischen Erscheinungen wie Frühsozialismus und Romantik in der drittletzten Jahrhundertwende. Übergehend dann in die frühbürgerliche Gesellschaft des Biedermeier, in der im deutschen Sprachraum das „Weib“ pauschal zur „Frau“ geadelt wurde und die Sozialisten unter Bebel es waren, die nach der vorletzten Jahrhundertwende nicht nur das Frauenwahlrecht durchsetzten sondern auch die sukzessive, privilegierte Befreiung der Frau von der Arbeitsfron: Welch anachronistische Idiotie später dann die kavaliersbegründete Freiheit der Frau vom Arbeitszwang auf patriarchalische Knechtung zu reduzieren! So bleibt als Tenor dieser extrem verknappten historische Skizze festzuhalten, dass ausgerechnet die als „Patriarchat“ verteufelte bürgerliche Gesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts die Idealisierung und Verherrlichung des Weibes, die Apotheose der Frau zur „profanen Göttin“ individuell implementierte und gesellschaftlich institutionalisierte und die Grundlage schuf für die heute allgegenwärtige Positivzeichnung von wLeuten als Kollektiv wie mittlerweile auch von jedem noch so abscheulichen Einzelexemplar: Ganz gleich ob Nazischlächterin, Serienkindermörderin oder notorischer „Kinderschänderin“: Alles ganz armtolle SuperweibOpferabos.

 Wie aber kam es zu dieser herausragenden Apotheose des Weibes zur letzten Jahrhundertwende?

Tiefste Grundlage dürften natürlich anthropologische Fast-Konstanten wie die Opfer- und Idealisierungsbereitschaft des Mannes und sein Konkurrenzreflex intrageschlechtlich sein. Hinzu trat in jüngerer Wohlstands- und Bildungsexpansionszeit eine ebenso eigentümliche und in einschlägigen Kreisen fast ubiquitäre männliche Androphobie, platt gesagt der Angst des akademisch gebildeten und leicht verzärtelten modernen Mannes vor der als archaisch-bedrohlich erlebten und in den (raubeinigen) Gegenüber projizierten physischen Männlichkeit. Legitimiert wird diese Angst bzw. das daraus resultierende androphobe Verhalten dieser die Führungsebene der letzten Jahrzehnte bis zur Gegenwart bestimmende Männer in einer oberflächlich-einseitigen Betrachtung der Schreckens-Geschichte des 20. Jahrhunderts in eklatanter Ausblendung, Bagatellisierung und Umdeutung des erheblichen weiblichen Negativ-Beitrages dazu, soweit sie halt dazu in der Lage waren. Ein wesentlicher Grund jedoch scheint völlig unbeachtet, resultierend aus der oben angemerkten, an sich guten Neigung des Mannes zum Ideal, dass es ihm nicht genug im Leben ist dem Mief der eigenen Wohlfühlsocken nur zu leben, sondern er einen größeren Wirk- und Daseinsraum will und braucht in der Unendlichkeit von Raum und Zeit, um dem Horror Vacui zu entgehen. Dieser Drang zum Vollkommenen, der vermutlich eine unbedingt notwendige Triebfeder zur Menschwerdung ist und in dem offensichtliche Gefahren des Irrläufertums liegen (vgl. ISIS), verteilte sich in alter Zeit im Großen, im öffentlichen Wirken vor allem auf Gott und Vaterland, lediglich im Privaten und dort meist auf die Jünglingszeit beschränkt, kulminierte dieses Idealstreben in der Fantasie vom edlen Weibe. In den Schrecken des 20. Jahrhunderts krachten in historischer Sekundenschnelle beide Glaubensgebäude zusammen und hinterließen ein Vakuum sowohl der sakralen als auch der profanen Anbetung. Es folgten nach Wohlstand und Studium: Esoterikwelle, Drogenboom, Trotzkisten&Maoisten, Hedonisten und Libertäre, Hippies und Yuppies, Punks und Popper, Sekten, Workaholics und tausenderlei Positivdenken wahlweise zu Ruhm und Reichtum oder spiritueller Erleuchtung, aber garantiert in einer Werbepause; sowie mancherlei mehr: Alles auf Sand gebaut, derweil, fast unbemerkt, durch Feminismus und Gender-Mainstreaming „Gender“ zum Mainstream wurde und die Frauenverherrlichung längst sowohl Staatsdoktrin als auch Staatskult ist. Ist so das Ende der Geschichte erreicht? Was dem fast tatsächlich tausendjährigem Reich in Mittelalter und Frühneuzeit nicht gelang, die harmonische Vereinung von weltlicher und geistlich-göttlicher Sphären, endlich doch gelungen? … The End :-)

6 Gedanken zu „Für Gott und Vaterland – oder die Apotheose des Weibes zur Frau

  1. Hätte ichs nicht jetzt grad geschrieben, ich hätte wenig Hoffnung verstanden zu haben, was ich den da geschrieben habe: Dada-Blog für mich und das Nichts :-) Kein Komma ist illegal! Freie Ortswahl für freie Satzzeichen!

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  2. […] Frauen werden seit jeher gerne als empathisch bezeichnet komplementär zu ihrer Logikunfähigkeit  – während der eine Teil auf dem Index verbotener Geschlechtsstereotype weit oben steht, ist der andere Teil mehr denn je fester Bestandteil der öffentlichen Meinung. Beides ist jedoch gleichermaßen Ausdruck der klassischen Zuweisung angeborener Eigenschaften und daraus resultierenden gesellschaftlichen Rollen mit ihren besonderen Rechten und Pflichten.  Während männliche Privilegien hingegen längst abgeschafft sind,[i] werden weibliche meist bestätigt und bestärkt: Männer müssen arbeiten – Frauen müssen arbeiten dürfen (siehe Wehrpflicht oder die Sanktionspraxis der Jobcenter). Im Wesentlichen gab es die klassische Rollenverteilung mindestens seit Beginn der Zivilisation; umfassend gesellschaftsprägend kultiviert wurde sie jedoch erst mit Beginn und Etablierung des bürgerlichen Zeitalters im Verlauf des 19. Jahrhunderts in Romantik, Biedermeier und nicht zuletzt der Arbeiterbewegung (vgl. hierzu Für Gott und Vaterland oder die Apotheose des Weibes zur Frau). […]

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